Fröhlich und im Unwissen darüber, was für Blumen am Wegrand blühten, spazierte Damara über das saftige Grün. Tanzend und singend, mit ihrem Kopf stets gen Wolken gerichtet, blitzte es einmal kurz, als würde der Himmel sich amüsieren und es riss ihr den Boden unter den Füßen weg. Damara fiel und fiel und suchte Halt an den Wurzeln zu ihrer Rechten und Linken, aber sie fiel viel zu schnell. Hörte Stimmen, Sirenen, sah die besorgten Blicke ihrer Liebsten, aber schnell hatte sie sich an den Fall gewöhnt und es fühlte sich gar nicht mehr an wie ein Fallen, mehr wie in Liegen, so vertraut war sie schon mit dem konstanten Fall. Umso ungemütlicher war auch der Moment, an dem sie wieder Kontakt mit dem Boden herstellte. Sie sah nach oben, einen weiten Weg war sie gekommen, aber nun war sie fertig gefallen, so dachte sie jedenfalls. Sie sah sich um, es war schön hier, weiß und voller Licht, vor ihr ein Haus mit Türnummer sieben. Die Eingangstüre stand so auffällig weit offen, dass sie es fast als unhöflich empfunden hätte, nicht einzutreten. Sie fühlte sich sofort wohl und zuhause, gleichzeitig aber wurde sie von einer Abenteuerlust gepackt, die ihr fremd war. Sie kratzte sich die Fingerspitzen und drang weiter in das zwar unbekannte, aber dennoch so vertraut wirkende Haus vor. Nicht eine Sekunde lang zweifelte sie daran, dass sie hier richtig war. Sie sah ein Baby in einem hölzernen, schaukelnden Bett, das fest eine Waffel umklammerte, jemand musste diese wohl schon früh dort platziert haben. Sie schmunzelte über dieses skurrile Bild, verschwendete aber keine weiteren Gedanken daran. Jetzt, wo sie so lange gefallen war und so hart zugleich, war es mit dem Einmaleins nicht getan. Schließlich war sie ja nicht ohne Grund hier. Aber auch der nächste Ort hatte nicht, wonach sie suchte und so machte sie sich auf um das oberste Stübchen des Hauses zu durchforsten. Zunächst schien alles an Platz und Stelle, aber dann fiel ihr Blick auf einen gläsernen Schrank, der eine besonders merkwürdige Anzahl an Objekten beherbergte. Sieben und zwanzig an der Zahl, eines zu wenig, dass sie lückenlos optimalen Nutzen aus dem Stauraum machen konnten. Komisch, dass es gerade eine einzige Ergänzung der Sammlung nicht wert gewesen war, diese Ordnung zu schaffen. Da sah sie den Übeltäter, eine porzellanene Tasse, die es sich auf dem Sofa daneben gemütlich gemacht hatte. Und dann, da wurde es blau um sie herum und sie wollte es einer Fliege gleich tun und nach dem Horizont Ausschau halten, aber sie musste nicht den Schaffner fragen um zu wissen, dass ihr Zug bereits übergestern den Bahnsteig verlassen hatte.
entstanden 13.12.2019
Fortsetzung: Entfallen
picture credits: http://www.artnet.com/artists/woytek-berowski/ikarus-fallend-wxnLAJIqsqnC9ohkY5oZ8g2, Artist: (Polish, born 1953) Woytek Berowski, Title: Ikarus (Fallend), 2008
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